Meine Arbeit in einem Wohnheim für psychisch kranke Menschen (24.07.2017 08:31:54)

Radolfzell, 24.08.2011

Momentan bin ich auf Honorarbasis in einem Wohnheim in Vöhrenbach für psychisch kranke Menschen beschäftigt.

Seit Nov 2011 arbeite ich nun in diesem Wohnheim und habe somit sehr viele Kenntnisse
über das Tätigkeitsfeld eines Genesungsbegleiters sammeln können.

In der Weiterbildung hatte ich gelernt den Klienten auf Augenhöhe abzuholen.            

In der Praxis stellte ich aber fest, dass diese Beziehung zum Klienten die Folge hat,
dass ich die ganze Schwere der Belastung des Klienten wahrnehme und erst einmal verkraften muss.

Ich habe zwar nur einen Arbeitstag von 2,5 Std, dennoch fühle ich mich nach einem solchen Arbeitstag sehr erschöpft. 
Ich empfinde mich als schmutzig und ausgelaugt.

Da ich mich selbst und die Gespräche zuhause in Ruhe reflektiere, stellte ich fest das dieser Zustand 
sich schmutzig und erschöpft zu fühlen eine normale Reaktion meiner Psyche ist.

Ich führe daher nach jedem Arbeitstag ein Ritual aus, in dem ich zuhause erst einmal dusche,
mich symbolisch wieder reinige und anschließend einen Mittagsschlaf abhalte um wieder zu Kräften zu kommen.

Die nachträgliche Reflexionsarbeit, welche die geführten Gespräch und mich selbst umfassen, geben mir Sicherheit. 
Auch kann ich so Erkenntnisse gewinnen und Sachen für mich klären, was mir  wiederum hilft, 
den Umgang mit den Klienten zu verbessern und zu fördern.

Ich versuche stehst neutral auf den Klienten zu zugehen, das heißt ich versuche dem Klienten vorurteilslos entgegen zu treten. Wichtig dabei ist das der Klient die Gespräche gestaltet und nicht ich.  
Dabei geht es mir um die momentanen Bedürfnisse und Belange des Klienten die er mir im Gespräch nahebringt. 
Der Klient baut so also das Gespräch auf und leitet es.

Ich stelle auch fest, dass die Vorstellung der Klienten von Ihrer Zukunft meist utopisch und unreal erscheint. 
Dennoch achte ich darauf, diese Vorstellung der Zukunft zuzulassen, weise aber darauf hin, 
dass sich diese Zukunftsziele mit der Zeit ändern und so real werden können.

Die entwickelten Zukunftsziele sind der Motor für jeden Klienten. Aus diesen schöpft er seine Kraft.
Ich erkannte auch je weniger Lebensqualität ein Klient besitz umso unrealistischer sind seine Ziele.

Meine wichtigste Erkenntnis ist diese:

Jeder psychisch kranke Mensch, egal in welch schlechter Verfassung er sich auch befinden mag,
hat die Möglichkeit zu einem nach seiner Bewertung „besserem Leben“ gelangen zu können. Ein Leben, welches ihn erfüllt, ihm sinnvoll erscheint und seinen individuellen Bedürfnissen entspricht.

Die meisten Klienten wollen nur ganzheitlich und real wahrgenommen werden. Sie wollen sich verstanden und angenommen fühlen.

Mit anderen Worten:
die meisten Klienten wollen, dass man sie versteht und so annimmt wie sie momentan sind und sich fühlen. Deshalb ist es mir auch so wichtig mir kein Urteil über den Klienten und seinen Zustand zu erlauben.